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Diabetes gehört ins Museum

Foto: Diabetes Museum

Ein Museum rund um Diabetes? Die Dachorganisation der Diabetes Selbsthilfe Österreich „wir sind diabetes“ hat dieses Projekt nun virtuell auf www.diabetes-museum.at verwirklicht. Einer der Initiatoren, Peter Hopfinger, erzählt im Interview über das einzigartige Museum.

Peter Hopfinger

Gründer von diabetes-austria.com, der ältesten Diabetes Plattform Österreichs
Foto Credit: Veronika Kub

Herr Hopfinger, Sie sind der Ideengeber des Diabetes Museums. Wie ist die Idee zum Diabetes Museum entstanden?

Ich bin schon seit vielen Jahren Aktivist in Sachen Diabetes. Für unsere Seite Diabetes Austria habe ich immer wieder nach spannenden Geschichten gesucht und bin dabei auf ein Diabetes Museum in Deutschland gestoßen. Dieses Museum befindet sich in einem Reihenhaus in einem Vorort von München und wird privat von der Familie Neumann betrieben, die über Jahre verschiedene Artefakte aus aller Welt zusammengetragen hat. Ich habe damals eine Reportage über dieses Museum geschrieben und mir gedacht, dass ein Diabetes Museum auch für Österreich interessant wäre. So ist die Idee entstanden und einige Jahre in mir geschwelt, bis nicht zuletzt auch über „wir sind diabetes“ das Projekt nun konkrete Formen angenommen hat.

Welche Intentionen stecken hinter dem virtuellen Diabetes Museum?

Zunächst galt es, logistische Fragen nach Räumlichkeiten und der Finanzierung zu klären. Zeitgleich ist der 100. Geburtstag der Entdeckung von Insulin im Juli 2021 näher gerückt. Und dann kam Corona! So ist die Idee zu einem virtuellen Museum entstanden. Glücklicherweise hat sich so alles trotz Corona gefügt, weil wir nun nicht mehr zentrale Fragen nach Räumlichkeiten oder Personal zu klären hatten. In unser virtuelles Museum kann jeder Mensch auf der ganzen Welt barrierefrei und ohne Maske zu Besuch kommen – und das, ohne Eintritt zu bezahlen.

Wie ist das Museum konzipiert?

Das Museum ist so konzipiert, dass wir nicht nur einen Blick in die Vergangenheit werfen, sondern auch einen Blick in die Zukunft ermöglichen. Es wird einen interaktiven Teil geben, in dem man spielerisch sein Wissen überprüfen kann. Offiziell eröffnen werden wir unser Museum mit einer Pressekonferenz am Weltdiabetestag am 14. November, dem Geburtstag eines der Insulin-Entdecker. Mit dem Museum bieten wir nun einen anderen Umgang mit dem Thema an. Wir haben Videos gedreht, 3D-Fotografien von Artefakten angefertigt und Besucherinnen und Besucher können Räume sogar virtuell betreten.

Museen werden oftmals als Gebilde mit staubigen Artefakten wahrgenommen. Das virtuelle Diabetes Museum bietet eine Veränderung des Museumsgedankens. War die Corona-Pandemie hierfür eine Hilfe oder eine Hürde?

Zunächst war Corona sicherlich eine Hürde, aber die Lösung, die wir nun gefunden haben, ist sehr gut und letztlich ist es für Besucherinnen und Besucher sogar unkomplizierter, weil man das Museum von jedem Ort auf der Welt besuchen kann.

Was erhoffen und erwarten Sie sich vom Diabetes Museum?

Wir erwarten uns Interesse und Besuch – das ist das Wichtigste. Wir haben natürlich Überlegungen, wenn alles wieder normaler wird, das Museum auch in „echten“ Räumlichkeiten umzusetzen. Wir haben nun so viele Schätze zusammengetragen, die wir auch gerne im echten Leben herzeigen möchten. Die Realisierung hängt aber von vielen Faktoren – wie Verfügbarkeit von Räumlichkeiten oder Finanzierungsfragen – ab.

Ein Museum über eine Erkrankung wie Diabetes zu machen, das ist doch etwas unorthodox für Österreich, oder?

Ja, aber es war nicht meine alleinige und ursprüngliche Idee. Als bei mir damals im Jahr 1995 Diabetes diagnostiziert wurde, gab es 250.000 Menschen mit Diabetes. Heute sind es 800.000. Das heißt, dass nahezu ein Zehntel der Bevölkerung Österreichs mit Diabetes lebt. Diese Entwicklung war damals noch gar nicht abzusehen. Diabetes wird nach wie vor gesundheitspolitisch unterschätzt und überhaupt wird viel zu wenig für die Prävention von Diabetes getan. Vielleicht kann ein Museum dazu beitragen, die Erkrankung einmal aus einem anderen Blickpunkt der Öffentlichkeit näher zu bringen. Mein Bestreben als Kommunikationsmensch ist es ja immer, die Schwelle so niedrig wie möglich zu halten und Menschen neugierig zu machen. Das Museum ist nun ein Tool, Menschen dazu zu bringen, sich mit einem Thema auseinanderzusetzen, das es ja mittlerweile in fast jeder Familie geben müsste.

Sie haben gerade die gesundheitspolitische Relevanz von Diabetes in Österreich angesprochen. Wo sehen Sie in Österreich derzeit Aufholbedarf?

Wir haben dringenden Aufholbedarf im Bereich der Prävention und der Aufklärung von staatlicher Seite. Es braucht auch den Gang zu Vorsorgeuntersuchungen, um bereits Prä-Diabetes gut zu behandeln, sodass es erst gar nicht zu einer Manifestation von Diabetes, vor allem dem Typ 2, kommt. Natürlich wird gerade vieles von der Corona-Pandemie überdeckt. Wir wissen aber auch, dass gerade Diabetes und Corona in Kombination eine wirklich tödliche Mischung sind.

Im Diabetes Museum werden historische Meilensteine präsentiert. Was waren für Sie die großen Meilensteine in Ihrer persönlichen Diabetes-Geschichte?

Ein Meilenstein für mich war, dass ich durch Recherche die für mich beste Therapeutin gefunden habe, die mich sehr schnell auf die richtige Schiene bringen konnte. Weitere, vor allem technische, Meilensteine waren für mich die ersten schnelleren Blutzuckermessgeräte sowie die schnellen und ultralangsamen Insuline. 

Wenn man sich die Geschichte ansieht, ist der Fortschritt in der Forschung und Technik der letzten Jahre enorm. Was wird wohl in den nächsten Jahrzehnten passieren?

Insgesamt ist die Weiterentwicklung in der Technik unaufhaltsam. Die neuen Systeme, in denen Messgeräte und Insulinpumpen miteinander kommunizieren und in denen Daten ganz einfach überprüft werden können, sind eine tolle Entwicklung, die sicherlich noch weiter gehen wird.

Welche Projekte stehen bei Ihnen in der Selbsthilfe in naher Zukunft an? 

Wir würden gerne wieder so agieren können wie vor der Corona-Pandemie. Immerhin haben wir einige ganz lustige Dinge organisiert, wie etwa den Wild Sau Dirt Run zugunsten von Kindern mit Diabetes. Wir hoffen, dass wir bald wieder mehr davon planen können. Schön wäre außerdem, wenn wir unser Diabetes Museum irgendwann auch im analogen Leben anbieten können!

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